Stimmts gut, klingts gut!

Diese Aussage mag etwas plakativ erscheinen, ist aber grundsätzlich richtig. Ein kultivierter Blasorchesterklang (Musikverein, Brass Band, Musikkapelle, Bläserensemble) ist nur mit einer reinen Intonation zu erreichen. Das hat physikalische Gründe. Stimmen die Frequenzen der einzelnen Instrumente, bzw. der Tonhöhen nicht optimal miteinander überein, so entstehen Schwebungen.

Das Bild der Schwebung zeigt, dass der Klang der beiden Instrumente nur in bestimmten Momenten, dann wenn die Einzelschwingungen in die gleiche Richtung laufen, voll und rund ist. In anderen Momenten heben sich die gegenläufigen Schwingungen fast ganz auf, so dass der Klang sehr dünn wird. Das ergibt das typische An- und Abschwellen des Klanges, welches bei Schwebungen wahrzunehmen ist.

Ziel ist es, die Intonation möglichst so hinzukriegen, dass die Schwingungen aller Instrumente, welche den gleichen Ton spielen immer parallel laufen. Das ergibt einen vollen und runden Orchesterklang, und es sind keine Schwebungen mehr zu hören.

Das stellt bereits eine recht hohe Anforderung dar. Alle Musikerinnen und Musiker müssen, um dies bewerkstelligen zu können, über gute bläserische Grundlagen (Ansatz, Atmung, Haltung) und ganz besonders auch über genügend Kondition verfügen. Zudem müssen sie lernen, sich im Orchester zu verhalten und in jedem Moment wissen, auf wen sie hören sollen.

Orchesterwerke sind meist mehrstimmig geschrieben. Was zur Folge hat, dass die Verhältnisse etwas komplexer werden. Für die reine Intonation zum Beispiel eines Durdreiklangs gilt es folgendes zu bedenken:

Stimmen alle Instrumente, welche den Akkord-Grundton zu spielen haben, z.B. das C in C-Dur, so geben sie auch gleich die Schwingungsverhältnisse für grosse Terz und reine Quint vor. Wie ist das möglich?

In der Natur gibt es keine Klänge, welche bloss aus einer einzelnen Schwingung bestehen. Jedes akustische Ereignis, welches wir als Ton bezeichnen, ist in Wirklichkeit das Resultat aus einer Mischung verschiedener Einzelschwingungen, sprich Töne. Dieses Phänomen nennt man Partialtonreihe.

Die Partialtonreihe ist für das reine Intonieren deshalb wichtig, weil sie die Schwingungsverhältnisse für die reine Stimmung vorgibt. Die Besonderheit der Partialtonreihe liegt darin, dass durch die Reihenfolge der Partialtöne die Schwingungsverhältnisse für die betreffenden Intervalle vorgegeben werden.

Das ergibt für die Akkordtöne des C-Dur-Dreiklangs die folgenden Schwingungsverhältnisse.

grosse Terz E = 4 : 5

reine Quint G = 2 : 3

Leider wird die Angelegenheit noch etwas komplizierter. Das deshalb, weil wir uns im Spannungsfeld von zwei verschiedenen Stimmungssystemen bewegen:

  1. reine, natürliche oder Obertonstimmung
  2. gleichstufig temperierte Stimmung

Die gleichstufig temperierte Stimmung ist ein künstliches Gebilde. Sie wurde im 17. Jahrhundert auf Grund praktischer Bedürfnisse, vor allem für die Stimmung von Tasteninstrumenten geschaffen. Im System der reinen Stimmung sind enharmonische Verwechslungen nicht möglich. Da sind Cis und Des zum Beispiel nicht genau gleich hoch. Aus diesem Grund musste man sich bei den Tasteninstrumenten bis zur Entwicklung des temperierten Stimmungssystems durch Andreas Werckmeister auf die Zuordnung von bestimmten Tönen zu den schwarzen Tasten beschränken. Man entschied sich für Cis, Es, Fis, Gis und B. Das hatte zur Folge, dass mit Tasteninstrumenten nur relativ wenige Tonarten gespielt werden konnten. Eine Modulation durch den gesamten Quintenzirkel war undenkbar.

Werden zwölf reine Quinten über einander geschichtet, so entspricht das in etwa einem Umfang von 7 Oktaven. Die 12 Quinten sind aber um 74/73 weiter als sieben Oktaven. Die Differenz bezeichnet man als pythagoreisches Komma.

Werckmeister überlegte sich, dass die Schichtung von 12 Quinten den 7 Oktaven entsprechen würden, wenn man jede der Quinten etwas zu eng stimmt. Dazu muss man die einzelne Quint nur um 2 Cent (2 Prozent eines Halbtones) zu eng stimmen, damit das Ziel erreicht wird. Leider hat dieses Vorgehen weit schwerwiegendere Konsequenzen für alle anderen Intervalle.

Unser Ohr ist auf die Obertonstimmung eingestellt. Entsprechen die Schwingungsverhältnisse eines Intervalls oder Akkordes dem System der Partialtonreihe, also der reinen Stimmung, so empfinden wir diese Klänge als rein.

Für die Intonation des C-Dur-Dreiklangs bedeutet dies, dass die grosse Terz um 13.6 Cent tiefer und die reine Quint um 2 Cent höher intoniert werden müssen. Diese Differenzen könnten mit Hilfe eines Stimmgerätes eingestimmt werden. Das ist aber nicht notwendig. Es reicht auch da, auf Schwebungen zu hören. Die Partialtonreihe des Grundtons C  enthält ja die Töne E und G.

Gelingt es, die Akkordtöne im Ensemble frei von Schwebungen zu intonieren, so ist damit eine wichtige Grundlage für einen tollen Orchesterklang und ein erfolgreiches Musizieren gelegt.

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1 Kommentar

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